EHWS Andalusien, Etappe 8: Peñon del Berrueco (Westfuss) - Ubrique
Etwas mehr Schleiergewölk als an den vorangegangenen Tagen, aber erneut ein sonniger Morgen. Ich fühlte mich wieder hergestellt, war aber froh, die Wanderung heute zunächst mit einem eher gemütlichen Stück fortsetzen zu können. Es ging um das Stück, das ich mir gestern durch die per Anhalter ergatterte Autofahrt erspart hatte – also knapp 3 Stunden, hauptsächlich abwärts. Per Taxi liess ich mich zu dem Parkplatz am Südwestfuss des Peñon del Berrueco zurückbringen – dort, wo der GR7 von Jimena her in die Strasse einmündet, neben der Korkeiche, auf der ich vergeblich ein Taxi anzurufen versucht habe. Wie Tag und Nacht unterschied sich mein jetziges Befinden von dem gestrigen: Jetzt war ich gut genährt und ausgeruht und hatte ausreichend Wasser dabei, aber trotzdem viel weniger Gewicht zu tragen – denn ich würde am gleichen Ort übernachten und hatte das meiste Gepäck im Hotel zurückgelassen. Auch die Temperatur schien angenehmer, es war sogar leicht windig. Ich hatte viel mehr Auge für Natur und Landschaft als gestern.
Von einem Naturpark zum andern
Der Berrueco ist mit knapp 900 m nicht höher als die ihn unmittelbar umringenden Kämme, bildet aber durch seine kegelförmige Gestalt eine Landschaftsmarke. Er ist, von Jimena her kommend, auch das erste sichtbare Zeichen für die Veränderung des Landschaftsbildes: Die bewaldeten, langgezogenen Kämme werden in dieser Zone durch Berge mit kahlen, steilen und zerklüfteten Felswänden abgelöst: eine Karstregion kündet sich an. Gleichzeitig endet der Naturpark der Alcornocales, und der Naturpark der Sierra de Grazalema beginnt.
Der Wanderweg folgt zunächst der Strasse, über die ich gestern im Auto gefahren bin. Nach einer kurzen und sanften Steigung führt sie nur noch abwärts. Auf dem Kulminationspunkt wird die Grenze zur Provinz Cádiz wieder überschritten, die ich am Vortag kurz nach meinem Übernachtungsort im Zelt unmerklich verlassen hatte; in der Zwischenzeit habe ich Territorium der Provinz Málaga durchwandert, die Grenze beschreibt hier eine Ausbuchtung nach Westen. Nach etwa dreiviertel Stunden verlässt man den Wald und gelangt auf eine Schulter, auf der die Bar „Mojón de la Vibora“ steht – hier hätte ich gestern versucht ein Taxi zu rufen, wenn ich nicht vorher von dem jungen Paar mitgenommen worden wäre.
Peñon del Berueco (Westfuss) - Ubrique |
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Etappe | EHWS Andalusien, Nr. 8 |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Dauer | 11,4 km / 2h50' |
Auf- / Abwärts | 92 m / 491 m |
Höchster Punkt | 727 m (Strasse A373, km 43) |
Tiefster Punkt | 281 m (Garganta del Marroquí) |
Fernwanderwege | E4 (GR7) |
Durchgeführt | Mittwoch, 19. Oktober 2016 |
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Wasser trinken auf der Hauptwasserscheide
Über diese Schulter verläuft auch die Europäische Hauptwasserscheide, die ich somit zum ersten Mal seit dem vor viereinhalb Wandertagen überschrittenen Puerto de Ojén wieder berühre: Während das zuletzt durchwanderte Gebiet via Hozgarganta oder andere Flüsse in den Guadiaro und damit ins Mittelmeer entwässert, fliessen die in den Kessel von Ubrique hinunterrinnenden Wässerchen in den Stausee Embalse de los Hurones – ich habe ihn von weiter oben in der Ferne liegen sehen – und von diesem via Río Majaceite dem Río Guadalete zu, der südlich von Cádiz in den Atlantik mündet. Eingehendes Kartenstudium lässt mich vermuten, dass die Bar genau auf der Linie der Wasserscheide steht. Ob deren Betreiber es wohl wissen?
Nach einem Kaffee und einer Flasche Wasser beginne ich mit dem ab hier steileren Abstieg. Während die Strasse in zahlreichen Serpentinen in den Kesselboden hinunterführt, bietet sich dem Wanderer ein schöner Fusspfad an, der die Kurven schneidet und auf nahezu direktem Weg durch trockenes Grasland absteigt. Prächtige Blicke bieten sich in den Kessel und zu den umliegenden Karstbergen mit ihren bizarren Formen. In der Talsohle überquere ich auf einer alten Bogenbrücke einen trockenen Bachlauf und später auf einer anderen Brücke ein wasserführendes Flüsschen. Diesem folge ich zwischen ersten Häusern hindurch bis zum Zusammenfluss mit einem andern Gewässer – es ist der Río Ubrique – , an dessen gegenüberliegender Böschung ich ins Städtchen hinauf steige. Ziemlich genau um 14 Uhr erreiche ich das Zentrum, in Andalusien ist das gerade rechtzeitig zum Mittagessen. Mit einer Paella in der von Orangenbäumen beschatteten Fussgängerzone beschliesse ich die Kurzwanderung.
In drei statt zwei Tagen von Jimena nach Ubrique
So habe ich schliesslich doch die gesamte Strecke von Jimena de la Frontera nach Ubrique zu Fuss zurückgelegt. Andere mögen dies in zwei Tagen oder sogar in einem einzigen schaffen – ich benötigte dafür deren drei. Über die Gründe kann ich auch im Nachhinein nur spekulieren. Der durch das Herumirren beim Aufstieg von Jimena entstandene Zeitverlust spielte sicher eine Rolle, er erklärt mir das Ausmass des Kräfteverschleisses aber nur teilweise. Mir scheint, als hätte ich schon grössere Anstrengungen mit mehr Leichtigkeit bewältigt – so beispielsweise noch wenige Wochen zuvor in den Schweizer Alpen. Vielleicht hatte ich mich einfach noch nicht vollständig von der Erkältung von Los Barrios erholt? Oder ist es möglich, dass 600 Höhenmeter mehr Schweiss und Kraft kosten als die doppelte Höhe, wenn man sie bei gefühlten 30 Grad und mit 20 Kilo auf dem Rücken zu überwinden sucht? Ich weiss es nicht.
Den heutigen Tag jedenfalls machte ich zum Genusstag. Nach einer Siesta im Hotel begab ich mich auf einen gemütlichen Abendbummel durch das hübsche, von Ledergeschäften geprägte Städtchen. Überall gibt es Lederkleidung, Taschen, Gürtel und andere Dinge zu kaufen, die offenbar aus den Häuten des auf den umliegenden Weiden gehaltenen Viehs hergestellt werden. Ich freilich widerstand jeglicher Versuchung: Mein Gepäck schrie nicht nach Zuwachs.
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