EHWS Andalusien, Etappe Nr. 2: Tarifa - Facinas
Heute ging es also los auf dem Sendero Andaluz! Er beginnt offiziell beim Tourismusbüro von Tarifa in der Avenida de la Constitución. Dort gibt es eine Informationstafel der Provinz Cádiz über den GR 7 bzw. den „Sendero Europeo E-4 Tarifa – Atenas“; den ersten Wegweiser und die ersten weiss-roten Fernwanderwegmarkierungen traf ich allerdings erst nach über 6 km beim Ort La Peña an.
Als erstes Tagesziel habe ich Facinas bestimmt, obwohl dieses weisse Dorf im Nordwesten nicht am Fernwanderweg, sondern rund 5 km von diesem entfernt liegt. Der Grund für diesen Umweg: Bis nach Los Barrios, dem nächsten Etappenort mit Unterkunftsmöglichkeiten, wäre es rund 45 km weit, was mir entschieden zu viel ist für einen Tag. Als Alternative wollte ich, wie von verschiedenen Quellen empfohlen, nach Facinas ausweichen und von dort per Bus nach Tarifa zurückkehren. Das Zimmer in der Pension Hospedaje Villanueva habe ich vorsorglich für eine weitere Nacht gebucht.
Vorfreude auf Strand und Korkeichen
So ergibt sich eine Tagesetappe mit drei sehr unterschiedlichen Abschnitten: Zuerst eine etwa 6 km lange Flachstrecke, die parallel zum Atlantikstrand quer durch die Küstenebene nach La Peña führt; dann ins Landesinnere abbiegend eine doppelt so lange Strecke, die durch Landwirtschafts- und Waldgebiet entlang der Flanke des Bergrückens Sierra de Enmedio sanft ansteigt, und schliesslich ein rund 6 km langer Strassenmarsch über einen Pass – den Puerto de la Torre del Rayo – und in einer endlos scheinenden Geraden in das am Rand einer Ebene liegende Facinas hinunter. Das Schlussstück habe ich mir angesichts des Hartbelags und der langen Geraden als langweilig vorgestellt. Auf die ersten beiden Abschnitte mit flachen Naturgebieten hinter dem Sandstrand der Playa de los Lances und ersten Korkeichenwäldern aber war ich gespannt.
Tarifa - Facinas | |
Etappe | EHWS Andalusien, Nr. 2 |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Zeit | 26 km / 7h45' |
Auf-/Abwärts | 403 m / 313 m |
Höchster Punkt | 153 m (Puerto de la Torre d. Rayo) |
Tiefster Punkt | 1 m (Tarifa, Playa los Lances) |
Fernwanderwege | E4 (GR7) |
Durchgeführt | Mittwoch, 12. Oktober 2016 |
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Regen, Wind und Wegsuche
Doch was für einen stürmischen und regnerischen Tag habe ich da erwischt! Schon beim Aufbruch in Tarifa bläst mir unter grauem Himmel ein steifer Wind ins Gesicht, nach wenigen Schritten dem Strand entlang weht es mir vom Meer her erste feine Regentröpflein ins Gesicht, und bis ich den Stadtrand erreiche, prasselt es hernieder, dass ich eine halbe Stunde lang unterstehen muss. Anschliessend begleiten mich Wind und Regen während Stunden – mal kräftiger, mal sanfter, mal innehaltend – und beeinträchtigen die Wahrnehmung der Landschaft ebenso wie die Attraktivität von Ruhepausen und meine Geduld bei Orientierungsfragen. Mit andern Worten: Ich marschiere und marschiere und nehme im Zweifelsfall lieber mal eine falsche Abzweigung, als dass ich anhalte und die Karte beim Konsultieren nass werden lasse.
Solches geschieht nicht nur im ersten, unmarkierten Abschnitt, sondern auch hinter La Peña, wo der Wanderweg eigentlich bestens markiert ist: einmal lasse ich mich durch eine mir bis anhin unbekannte Zeichensprache verwirren und treffe eine falsche Entscheidung, die mir einen 1- bis 2 km langen Umweg und einige zusätzliche Höhenmeter einbrockt. Erst am späteren Nachmittag, beim erwartet eintönigen Marsch auf der Strasse nach Facinas hinunter, hört der Regen ganz auf.
Bilder, die nachwirken
Schliesslich könnte ich den Tag wie folgt zusammenfassen: Ich bin stundenlang durch Wind und Regen gegangen, habe wiederholt nach dem Weg suchen müssen und mich einmal verlaufen, und zu guter Letzt hat auch die Rückreise nach Tarifa nicht plangemäss geklappt: Weil der Bus entgegen der zuvor recherchierten Fahrplaninformationen aus irgendwelchen, sich mir nicht erschliessenden Gründen heute nicht verkehrte, musste ich vom Wirt des Restaurants La Fonda in Facinas ein Taxi rufen lassen. Alles in allem wars also nicht gerade ein Traumstart zum Abenteuer Sendero Andaluz!
Und trotzdem gab es Augenblicke, da so etwas wie Wanderfreude aufkam – und es gibt einige starke Bilder, die ich angesichts des Regens nicht fotografiert habe, die mir aber im Kopf bleiben: Blicke durch den Regenvorhang hinunter auf die aufgepeitschte See mit weissen Schaumkronen vor der dunklen Silhouette des marokkanischen Küstengebirges; knorrige Korkeichen mit entrindeten, roten Stämmen; zahlreiche freilaufende Landwirtschaftstiere entlang des Wegs – Hühner, Hähne, Kühe, Pferde, dunkelhäutige Schweine – , sich schutzsuchend unter Bäume, Sträucher und vorstehende Dächer duckend; das rasche Anschwellen zunächst unscheinbarer Rinnsale zu kleinen schwarzen Bächen, die sich durch den Wald hinunter über den Weg ergossen und deren Überquerung mir schon mal grössere Schritte abverlangte. Bilder, die ich so in dieser Weltgegend und zu dieser Jahreszeit nicht unbedingt erwartet habe und die mich staunen lassen. Kurz: An Eindrücken mangelte es nicht an diesem Tag.
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