EHWS Mittelland, Etappe 5: Puidoux-Moreillon - Mont-Pèlerin Funi
Am Ostersamstag passte es dann endlich: Das Wetter war klar und sonnig – und ich hatte Zeit für eine kurze Wanderung. Und jetzt bekam ich alles zu sehen, was sich bei den vorhergegangenen Etappen hinter Wolken und Nebel versteckt hatte. Vor allem vom Sendeturm auf dem Mont Pèlerin aus liess die ungehinderte Rundsicht keinen Zweifel offen: Es gab sie wirklich, diesen See und all die Berge! Einige davon hatte ich ja auch bereits erwandert: Sie gehörten zu den Freiburger und Waadtländer Voralpen und waren Träger der Wasserscheide.
Seit der letzten Etappe war etwas mehr als eine Woche vergangen, als ich an diesem Morgen nach Puidoux zurückkehrte und kurz vor halb zehn an der Haltestelle Moreillon aus dem Zug stieg. In den wenigen Tagen war die Landschaft bunter geworden, das Grün dichter: Bäume, die ich damals noch kahl angetroffen hatte, trugen nun ein frisches Laubkleid oder standen in Blüte. Auf den Wiesen hatte das kräftigere Gelb des Löwenzahns jenes der Schlüsselblumen verdrängt. Es wehte noch ein kühles Lüftchen, als ich loszog, aber von der giftigen Bise von damals war es weit entfernt. Gut sichtbar zeigten sich schneebedeckte Berge im Süden.
Vor mir lag nur eine kurze Etappe. Man könnte sie mit der vorhergehenden oder der nachfolgenden zusammenlegen, was dann freilich zwei lange Wandertage von je rund achteinhalb Stunden ergäbe.
Moreillon - Mont-Pèlerin Funi |
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Etappe | EHWS Mittelland, Nr. 5 |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Zeit | 9,4 km / 3h |
Auf- / Abwärts | 428 m / 275 m |
Höchster Punkt | 1'080 m (Mont Pèlerin) |
Tiefster Punkt | 649 m (Moreillon ,Bach) |
Fernwanderwege | --- |
Durchgeführt | Samstag, 20. April 2019 |
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Ich zog eine gemütlichere Etappierung vor. Im Gegenlicht der Morgensonne schritt ich der Silhouette des Pèlerin-Chesau-Rückens entgegen, quer über die grüne Mulde und dann den Hang hinauf. Nach zwanzig Minuten passierte ich die Abzweigung des Weges, über den ich letztes Mal aus Richtung Nord hergekommen war. Wenig später überschritt ich eine sanfte Hangfalte und damit die EHWS, denn nach ein paar abwärts geneigten Metern kam ich über den Richtung Broye-Rhein fliessenden Bach Le Corbéron. Hinter diesem stieg der Weg gleich wieder an; bei einer Weggabelung nach einem Waldstück wählte ich die EHWS-nähere Strasse , die mit einem Wegweiser zur Buvette du Mont Chesau beschildert war. Wenn ich mich beim Weitersteigen umdrehte, konnte ich nicht nur den Tour de Gourze und am westlichen Horizont die schneebedeckten Jurakämme sehen, sondern sogar auch den Genfersee, der sich mir auf den letzten Etappen nicht einmal aus nächster Nähe hatte zeigen wollen.
Nach einer guten Stunde seit dem Start war auf einer Höhe von 965 Metern der Kamm des Mont Chesau erklommen, ein Bauernhof mit Selbstbedienungs-Buvette sass rittlings obendrauf und verdeckte die Aussicht zur andern Seite. Erst als ich mir drinnen einen Kaffee holte, kam ich durch die Fenster hindurch in deren Genuss: Im Osten erhoben sich die Freiburger Voralpen, ich erkannte etwa den Moléson und den Dent de Lys, die ich früher schon erwandert hatte. Den Kaffee genoss ich draussen an der Sonne, ein Biker tat es mir gleich, und ein Hahn kommentierte dies laut krähend.
Himmlische Aussicht
Die Fortsetzung führte auf dem bewaldeten Kamm leicht ansteigend nach Süden, endlich wieder einmal hatte ich einen Weg ohne Hartbelag unter den Füssen. Ein Stück weit gings durch den Westhang, dann machte der Weg eine Spitzkehre und schwang sich wieder auf den Kamm hinauf, über den von nun an auch die EHWS verlief und der nun über 1000 Meter hoch war. Er stieg nach Süden stetig weiter an, bis ein Wanderwegweiser den Kulminationspunkt anzeigte: «Mont Pèlerin, 1067 m». Es ist der höchste Punkt auf dem Mittelland-Abschnitt der EHWS. Fünf Minuten später stand ich am Fuss des Sendeturms, der gleichzeitig ein Aussichtsturm ist: Mit einem Lift kann man sich für fünf Franken in 45 Sekunden zu der 63 Meter hohen Panoramaplattform «Plein Ciel» hochfahren lassen. Ich liess mir das nicht entgehen – denn ohne den Lift gäbe es auf dem vollständig waldbedeckten Mont Pèlerin überhaupt nichts zu sehen. Ganz im Gegensatz zu der «himmlischen» Plattform, auf der ich um Punkt zwölf Uhr ankam: Die Rundsicht von dort oben war nach allen Seiten hin schlicht umwerfend, und zwar dank des heutigen Prachtwetters nicht nur in der Theorie wie an den Aussichtspunkten der Vorgängeretappen. Wusste ichs doch, dass es diese Panoramen gab! Ob Jura, See oder Alpen oder nach Norden hin die Weiten des Mittellandes: Nichts wurde von einem noch so dünnen Dunstschleier verdeckt! Auch das Gebiet meiner bisher zurückgelegten Mittelland-Wanderung konnte ich bis zu den Jorat-Höhen zurückverfolgen – nur das Gros de Vaud und das Tal der Venoge freilich blieben in der Versenkung zwischen Jorat und Jura verborgen.
Auf der Plattform war es zügig und auch etwas kühl. Beim Absteigen auf der Südseite des Berges wärmte aber die Nachmittagssonne schon ziemlich auf, besonders wenn ich über Lichtungen kam (von denen sich weitere Ausblicke über den See boten). Der Weg folgte mehrheitlich weiter dem Kamm und bis auf etwa 1000 Meter hinunter auch der EHWS, bevor diese sich den Osthang hinunter verabschiedet. Nach anfänglich nur leichtem Gefälle wurde der Weg schliesslich steil. Zuletzt gab es sogar eine in den Felsen montierte Eisentreppe, über die man zum «Maison du Pèlerin» hinabstieg, ein Pflegeheim an beneidenswerter Balkonlage. An diesem vorbei ging es die letzten paar hundert Meter auf Asphalt durch das Dorf Mont-Pèlerin zur Seilbahnstation hinunter. In weniger als einer Stunde könnte man von hier zu Fuss nach Vevey absteigen – aber angesichts des steilen und bebauten Hangs hatte ich dazu keine Lust und glitt mit der Bahn in die Tiefe.
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