EHWS Mittelland, Etappe 6: Mont-Pèlerin Funi - Châtel St-Denis
Ein letztes Stück fehlte noch, dann war die Überquerung des Mittellandes vollendet. Bei wolkenverschmiertem Himmel, aber dennoch klarer Sicht nahm ich es an Ostern unter die Füsse – und sah zu, wie mir die Freiburger Voralpen immer näher kamen. An deren Fuss liess ich die EHWS mit einer Art «Ehrenrunde» in höhere Gefilde entschwinden.
Um zehn Uhr kam ich mit der Standseilbahn wieder im Dorf von Mont-Pèlerin oben an. Die Berge waren durch die Wolkendecke dunkler und die Stimmung war düsterer als gestern. Der Weg liess sich zunächst einfach finden: Bis zum Maison du Mont-Pèlerin kannte ich ihn bereits von gestern, und ein Wanderwegweiser kannte mein Tagesziel. Der hiess mich bei dem Pflegeheim unter einer zwei Gebäude verbindenden Passerelle hindurchgehen, hinter der ich in die bewaldete Ostflanke des Mont-Pèlerin hinein und dort über mehrere Richtungswechsel in ein Zwischentälchen hinunter gelangte. Dann aber wurde es komplizierter: Denn der beschilderte Wanderweg hätte mich in einem nach Norden ausholenden Bogen nach Châtel St-Denis geführt, wohingegen die Wasserscheide sich noch weiter nach Süden und Osten zog, um dann über den Kamm des Mont Vuarat in nordöstlicher Richtung zum gleichen Ort zu gelangen. Ich wollte möglichst nah an ihr dran bleiben, weshalb ich die Wanderwegmarken sich selbst überliess und meinen eigenen Weg suchte.
Mont-Pèlerin Funi - Châtel St-Denis |
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Etappe | EHWS Mittelland, Nr. 6 |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Zeit | 19,3 km / 5h25' |
Auf- / Abwärts | 400 m / 400 m |
Höchster Punkt | 985 m (Mont Vuarat) |
Tiefster Punkt | 750 m (Parking Reule) |
Fernwanderwege | --- |
Durchgeführt | Ostersonntag, 21. April 2019 |
Weitere Facts & Figures | |
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Wie schon seit dem Tour de Gourze gliedert sich das Relief weiterhin in eine Abfolge von süd-nord-orientierten Rücken und Senken. Den Rücken folgt die Wasserscheide zum Teil, die Senken quert oder umrandet sie. Ich fand auf unmarkierten Wegen zum Hof La Tuilerie hinunter, der in einer Senke genau auf der Wasserscheide steht. Dann folgte ich Strässchen, auf denen ich zuerst die niedrige Rippe des Mont Choisy und später den höheren Rücken des Mont Vuarat jeweils stirnseitig umging; das sich dazwischen ausbreitende moorige Plateau überquerte ich an dessen Südrand, von dem das Gelände steil zu Rebbergen und Winzerdörfern hinabfällt.
Das Plateau selbst dagegen zieht sich nahezu flach nach Norden hin. Es wird durch die in der Nähe entspringende Biorde entwässert, die gemächlich zur Broye und damit dem ferneren Murten- und dem Neuenburgersee zufliesst; sehen konnte ich bis zu dem sich dahinter erhebenden Jura.
Auf der anderen Seite wurde mir die Sicht über den oberen Genfersee zu den Alpen auf einem kurzen Stück durch eine kleine Wölbung verdeckt; über diese schlägt die Wasserscheide einen kleinen Haken zu ihrem südlichsten Punkt im Mittelland, etwa 400 Meter hoch über Vevey.
Von ferne grüsste der Moléson
Beim Gehöft Le Burgoz, das auf einem flachen, dem Mont Vuarat vorgelagerten Balkon liegt, vollzieht die EHWS einen scharfen Knick nach Norden. Noch ein letzter Blick über Montreux und die Waadtländer Riviera, den oberen Genfersee und die Rhoneebene auf die Gipfel des Chablais, die ich teilweise von meiner früheren alpinen EHWS-Wanderung wiedererkannte – dann wandte auch ich mich vom See ab und dem Vuarat zu. Steil stieg das als Radroute gekennzeichnete Strässchen durch dessen Ostflanke hinauf; rechts fiel der Hang zur tiefen Talschneise der Veveyse hinab, aus der das Rauschen der Autobahn Bern – Wallis heraufdrang. Am nördlichen Horizont grüsste der weisse Gipfel des Moléson und kündigte das Nahen des Greyerzerlandes an, und beim Höherkommen tauchte links davon auch der niedrigere und schneefreie Niremont auf, der erste alpine Gipfel auf der EHWS.
Ein Gipfel, für den sich niemand interessiert
Als ich schon fast beim Kamm oben zu sein schien, folgte ich einem für Mountainbikes beschilderten Pfad quer durch eine Wiese, wobei ich unmerklich die Kantonsgrenze zwischen Waadt und Freiburg überschritt. Am Waldrand traf ich wieder einmal auf einen markierten Wanderweg, dem ich freilich nicht lange folgte, da er nicht auf den Kamm hinauf, sondern lediglich in einem weiten Kreis um ihn herumführte. Ich erreichte ihn über unmarkierte Waldpfade und überschritt bald einen Punkt, den ich für den 984 Meter hohen und auf der EHWS liegenden Kulminationspunkt des Mont Vuarat hielt; es gab jedoch keinerlei Inschrift oder sonstige Andeutung, die dies bestätigte; der gänzlich aussichtslos im Wald verborgene Gipfel schien niemanden zu interessieren.
Weiter nördlich gelangte ich wieder auf den Rundweg hinunter und fand alsbald eine ausgeschilderte Abzweigung, die mich noch längere Zeit durch Wald gemächlich Richtung Châtel St-Denis absteigen liess. Beim Waldaustritt waren Niremont, Moléson,Teysachaux und Dent de Lys, die ich eben noch in der Ferne gesehen hatte, schon ganz nah; ihnen zu Füssen lag das von seinem hohen Kirchturm überragte Dorf. Die Sonne drang inzwischen stärker durch die Wolken, hellte die Landschaft auf und brachte mich tatsächlich ins Schwitzen. Am Dorfrand erreichte ich die Geleise der Schmalspurbahn; gegenüber lag der romantische Bahnhof, von dem ich vor drei Jahren Richtung Alpen aufgebrochen war. Hier hätte ich die mittelländische in die alpine EHWS-Wanderroute münden lassen können; dabei hätte ich jedoch eine nach Norden ausladende Schlaufe der EHWS abgeschnitten.
Schlaufe um ein Moorseelein
Um dieser nachzuspüren, liess ich den Bahnhof rechts liegen, passierte linkerhand eine riesige Baustelle – die Freiburgische Transportgesellschaft TPF war dabei, Bahnhof und Geleise ein Stück nach Westen zu verlegen, wie nachträgliche Recherchen ergaben – , überquerte die Geleise und den von der EHWS gestreiften Strassenkreisel bei der Post und ging durch Wohnquartiere wieder sanft aufwärts. Die Kirche blieb ebenso zu meiner Rechten wie eine sich leicht über das Dorf erhebende, von einer Sendeantenne gekrönte schmale Geländerippe. Auf der die Bahnlinie begleitenden Strasse gelangte ich nordwärts zum Dorf hinaus und kam an einem Sportkomplex vorbei, über dessen Terrain die von der Rippe herunterkommende EHWS verläuft, um gleich danach die Strassenseite zu wechseln und sich auf einen niedrigen Hügelkranz zur Linken hinüberzuschwingen. Rechts lag nun das von einem Schilfgürtel umgebene, idyllische Moorseelein Lac de Lussy hingebettet. Es entwässert zur Veveyse hin und ist der Grund für die Schlaufe der EHWS. Nördlich von ihm stieg ich leicht zu der Wölbung an, die das Moorgebiet umkränzt und so gegen das Einzugsgebiet der Broye abschliesst. Über sie drehte ich nach Osten dem Niremont zu, um mich kurz vor der Autobahn vollkommen nach Süden zurück zu wenden. Von der Autobahnüberführung beim Weiler Prayoud aus konnte ich die Tafel erkennen, die den Reisenden die Wasserscheide anzeigt. Letztere verabschiedet sich hier vom Mittelland und beginnt am Hang des Niremont hinaufzusteigen. Damit hatte auch ich den Fuss der Alpen erreicht – als Folge der zu Ehren der EHWS vollzogenen Schlaufe geschah dies von Norden her.
Jenseits der Autobahn folgte ich dem Strässchen weiter nach Süden, über Châtel St-Denis hinweg sah ich nun von Osten auf den Mont Vuarat und den Mont Pèlerin zurück. Auf einer vorspringenden Hangrippe traf ich schliesslich auf den Wanderweg, auf dem ich 2016 zum Niremont hinaufgestiegen war. In Gegenrichtung zu damals ging ich auf der Südseite der Rippe zur Veveyse de Châtel hinunter, warf durch deren Taleinschnitt nochmals einen Blick zu dem zuhinterst thronenden Dent de Lys hinauf, unterquerte die Autobahn und folgte dem Flussufer ins Dorf hinein. Bei einem österlichen Bier an der besonnten Place des Armes fand die im November begonnene Mittelland-Wanderung ihr Ende.
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