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Lange Zustiegsrampe zum Hochschwarzwald

EHWS  Schwarzwald, Etappe  2: Döggingen - Salenhof

Blick vom Höchstberg zum Feldberg-Massiv.
Blick vom Höchstberg zum Feldberg-Massiv.

Am besten lässt sich die Etappe als eine lange Zustiegsrampe zum Hochschwarzwald beschreiben. Wald und Höhenlüftchen milderten manchmal die Frühsommer-Hitze etwas. Die Fernsicht blieb verhalten: Die idealerweise von vielen Punkten aus zu sehenden Alpen schienen verdunstet. Dafür gabs weite Himmel. Und endlose meditative Geraden – meistens durch Wald.

Angebliche Donauquelle.
Angebliche Donauquelle.

Sommerliche Temperaturen waren angekündigt, also deckte ich mich in Donaueschingen mit reichlich Wasser ein, bevor ich mit der Bahn wieder nach Döggingen zurückreiste (was ich übrigens nicht tat, ohne vorher der angeblichen Donauquelle einen Besuch abgestattet zu haben). Um neun Uhr zog ich vom Bahnhof Döggingen los, an der Kirche vorbei aus dem Dorf hinaus, durch das die Wasserscheide mittendurch lief, und durch einen Wiesenhang zum Sportplatz hinauf. Obwohl coronabedingt noch nicht wieder in Betrieb – ein Schild wies auf diesen Umstand hin – versuchte ein Sprinkler den Rasen grün zu halten. In meinem Rücken hoben sich Buchberg und Randen als blaue Bänder vom flachen Gelände ab, aber bis zu den Alpen reichte die Sicht auch heute nicht.

Drei Abschnitte

Die Etappe lässt sich in drei unterschiedliche Abschnitte gliedern. Die ersten gut zwei Stunden waren eine gemütliche, leicht hügelige Flachlandwanderung, auf der Wälder und Wiesen sich abwechselten. Gras und Korn standen hoch, zuweilen duftete es nach Heu. Eine entgegenkommende Wanderin unterstrich durch ihren breitkrempigen Hut das Sommerfeeling. Gut möglich, dass sie auf dem Wasserweltensteig unterwegs war, einem regionalen Fernwanderweg, dessen Kennzeichen ich antraf und der den Schwarzwald-Kurort Triberg mit dem Rheinfall verbindet. Vielleicht war sie aber auch eine Jakobswanderin, denn auch die obligate Muschel markierte Präsenz. Nach Überschreiten einer bewaldeten Geländeschwelle, die ich als Wasserscheide identifizierte, lag blau der Kirnbergsee in einer Mulde vor mir, vom gegenüberliegenden Ufer grüsste ein Campingplatz. Mit seinem dunklen Blau und dem Nadelwald im Hintergrund erinnerte mich der See an Skandinavien. Freilich ist er künstlich: Er staut den Brändbach, der via Röthenbach zum Donau-Quellfluss Breg fliesst.


Döggingen - Salenhof (Titisee-Neustadt)
Etappe EHWS Schwarzwald, Nr. 2
  (Fernwanderprojekt EHWS)
Länge / Zeit 24,5 km / 6 h 25'
Auf- / Abwärts 435 m / 157 m
Höchster Punkt 1'136 m (Hellewand)
Tiefster Punkt 749 m (Döggingen Bahnhof)
Fernwanderwege Schwarzwald Mittelweg (Teilstück)
Durchgeführt Mittwoch, 16. Juni 2021
Weitere Facts & Figures
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DIe EHWS im Bereich dieser Etappe
  • Wasserscheide zwischen Wutach-Gutach-Nebenbächen auf der Rhein-Nordsee-Seite und Vorflutern des Donau-Quellflusses Breg auf der Seite des Schwarzen Meeres. (Die Wutach heisst in ihrem Oberlauf Gutach.)
  • Bis zur Anhöhe des Höchst verläuft die EHWS über einen von Südost nach Nordwest sanft ansteigenden Waldrücken zwischen den parallel verlaufenden Längstälchen des Brändbachs (Seite Breg) und der Gauchach (Seite Gutach). Dann setzt sie sich über einen Kamm fort, von dem tiefer einschneidende Täler abfallen: zur Breg hin jene von Eisenbach und Schollach, zur Gutach die von Kloster-, Reichen- und Hühnerbach.
  • Meine Wanderroute kreuzt die EHWS ganz zu Beginn mitten im Dorf Döggingen und später einige weitere Male; das letzte Stück über den Kamm ist sie praktisch mit ihr identisch. Der Zielort Salenhof liegt etwas unterhalb auf der Gutach-Seite.

Der Etappe zweiter Teil begleitet den Brändbach talaufwärts und lässt sich als Geduldswanderung beschreiben. Dem Südufer des Sees entlang, an dem sich einige Badende und Sonnenbadende verlustierten, steuerte man den nächsten Wald an. Unweit des Dorfes Unterbränd tauchte man in diesen hinein, um ihm für die nächsten zwei Stunden anzugehören. Ich freute mich auf Schatten, doch allzu bald erwies sich die Schutzwirkung der Tannen als unzureichend. Sie reckten sich zwar hoch in den Himmel, doch ihre nur mit Nadeln bekleideten Äste vermochten kein Dach zu bilden, und ihre Kronen hielten zuviel Abstand, um der Sonne den Durchgriff auf die Forstwege verwehren zu können. Wege, die sich lange dahinzogen, kaum Biegungen aufwiesen und zudem nur unmerklich anstiegen. Auch beim Überqueren des Brändbachs änderte sich dieser Eindruck nicht: Mehr als ein Glucksen gab das Wässerchen kaum von sich, das unter dem Brücklein hindurch rann. Auch erwies sich das Gelände als flach genug, um einer Wassertretstelle Platz zu bieten; ein älteres Paar tat sich gerade gütlich in ihr.

Alpenblick als Hypothese...

Erst als der Weg den Wald verliess und ich rechterhand das Dorf Oberbäch über mir liegen sah, begann ich zu glauben, dass ich doch etwas Höhe gewonnen haben könnte. Das letzte Stück stieg denn auch steiler an, und oben bestätigte ein Wegweiser, dass immerhin knapp die Höhenmarke von 1000 Metern überschritten war. Der Name «Alpenblick» des dortigen  - geschlossenen - Restaurants blieb freilich eine Hypothese, die sich aufgrund des dunstigen Wetters nicht verifizieren liess. Ebenan dem Waldrand entlang kam bald das nächste Dorf. Es heisst «Auf dem Höchst» und bildet zugleich einen Passübergang zwischen den Tälern von Gutach und Breg.

... aber vorstellbar

Wasserscheide beim Hof Hochebene.
Wasserscheide beim Hof Hochebene.

Hier begann der dritte Abschnitt, den ich als Höhen- und Kamm-, gern aber auch als Genusswanderung bezeichnen möchte. Etwa einen Kilometer lang ging es auf asphaltiertem Rad- und Fussweg flach und rollstuhlgängig dahin, das Panorama war nicht da, aber vorstellbar. Dann stiess ich auf den Mittelweg, einen weiteren Fernwanderweg des Schwarzwaldvereins; auf diesem ging es quer durch Wiesen zu einem Hof mit dem Namen Höchstberg hinauf, schon 1082 Meter lag er über dem Meer. Nun ging man eine gute halbe Stunde auf dem unbewaldeten, luftigen Kamm, der auch die Wasserscheide war. Beidseits boten sich weite Ausblicke über Wälder und Täler, saftige Wiesen und schmucke Höfe. Am linken Horizont zeigte sich das Feldbergmassiv, das höchste des Schwarzwalds; unter seinen Gipfeln waren noch Schneeresten zu erkennen. Hinter einem Hof mit dem Namen «Hochebene», bei dem ein «Russenkreuz» genanntes Denkmal an die napoleonischen Kriege erinnerte, stieg der Weg wieder an, um erneut in Wald einzutauchen. Dort hätte ich den Kamm verlassen und in einer guten halben Stunde zum Salenhof, meinem Übernachtungsort, gelangen können.

Epilog: Die andere Seite ist steiler

Ich blieb aber noch eine Weile auf der Wasserscheide und liess so auf den dritten Abschnitt noch einen kleinen Epilog folgen: An der Hellwanderkapelle vorbei, durch deren offene Tür ich einen Mann inbrünstig beten hörte, über eine weitere Anhöhe bis zu den einsamen Magrutt-Höfen hinunter, wo eine Strasse den Kamm überquert und ich feststellen konnte, dass dieser zur rheinischen Seite hin deutlich steiler abfällt als auf jener, auf der ich heraufgefunden hatte. Jetzt winkelte ich scharf nach links ab und gelangte so, teils auf der Strasse, teils auf einem Waldpfad gehend, zu dem an einem Grashang klebenden Gasthaus Salenhof.

Zum Glück hatte ich vorausgebucht – denn angesichts geschlossener Alternativen (einigen davon war ich unterwegs ja begegnet) drängten hier Viele zusammen, die sich nach langen Pandemiemonaten endlich wieder einmal Ferien oder wenigstens eine Nacht auf dem Land gönnen wollten. Und sei es vielleicht nur, um beim Essen auf der Veranda zu sitzen, den Duft des direkt daneben spriessenden Grases einzuatmen und zuzusehen, wie aus dem hier tief eingeschnittenen Tal langsam die Nacht heraufgekrochen kam.


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