EHWS Schwarzwald, Etappe 4: Gütenbach-Neueck - Escheck
Es folgten gewissermassen die «Pointen» dieser Schwarzwald-Wanderung: zuerst auf dem Brend ihre höchste und kurz darauf bei den Günterfelsen ihre westlichste Stelle. Und bei der Martinskapelle wird zudem quasi höchstinstanzlich ein epischer Streit entschieden: Denn an dem Bächlein, das da knapp unterhalb der Wasserscheide entspringt, macht sich niemand Geringeres als der Flussgott Danuvius breit. Wer wollte da noch zweifeln, dass die Donau genau hier beginnt?!
Es war die erste Woche überhaupt in diesem meteorologisch unglaublich schlechten Sommer, dass Aussicht auf mehrtägig halbwegs stabiles Wanderwetter bestand. Aber dann streikten in Deutschland die Lokführer, sodass ich bereits getätigte Buchungen wieder stornieren musste. Und nun, da die Züge wieder fuhren, stand schon das Wochenende vor der Tür, und fast alle wanderfreundlich gelegenen Unterkünfte waren ausgebucht. Was mir Busfahrten samt Umsteigemanöver einbrockte und so meine Etappierung beeinflusste: Statt wie geplant am ersten Tag nach einem kurzen Anmarsch in der Höhe zu übernachten, hiess es nun früh aufstehen und Fahrpläne im Auge behalten, um abends rechtzeitig zu Tale zu kommen.
Wer wollte, war schon da
Angereist kam ich diesmal über Freiburg im Breisgau und eine zuletzt spektakuläre Busfahrt durch die zur Oberrhein-Seite hin steil und manchmal felsig abfallenden Schwarzwald-Hänge. Bei der Haltestelle Gütenbach-Neueck stieg ich aus und befand mich sogleich auf dem Westweg und dem E1, hier war ich schon im Juni vorbeigekommen. Fast wie damals war es bedeckt und drückend warm, auf dem Kamm jedoch luftig. Ohne grosse Anstrengung erreichte ich nach knapp zwei Stunden die erste der eingangs erwähnten «Pointen»: Bis auf den Brend waren nur etwa 200 Höhenmeter zu überwinden, die sich zudem recht gleichmässig auf die knapp sechs Kilometer lange Strecke verteilten. Zuerst ging es nochmals über den Staatsberg bis zu der Strasse, auf der ich seinerzeit zum Gasthaus Raben und von dort weiter nach Furtwangen abgestiegen war, und dann weiter über den Kamm Richtung Norden, meistens auf oder direkt neben einer schmalen Strasse, auf der man auch per Auto zu dem Aussichtspunkt gelangen kann. Der Verkehr hielt sich in erträglichen Grenzen; wie es schien, waren die meisten Leute, die an diesem Freitag hier hinaufwollten, ohnehin bereits da:
Neueck - Escheck |
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Etappe | EHWS Schwarzwald, Nr. 4 |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Zeit | 13,7 km / 3 h 45' |
Auf- / Abwärts | 271 m / 195 m |
Höchster Punkt | 1'148 m (Brend) |
Tiefster Punkt | 979 m (Neueck, Bregenbach) |
Fernwanderwege | E1, Schwarzwald Westweg |
Durchgeführt | Freitag, 13. August 2021 |
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Sie sassen auf Rasenflächen und Grillplätzen zwischen Ferienhäuschen, führten ihre Hunde Gassi, belegten die Parkplätze bei dem (ausgebuchten) Berggasthof und füllten dessen Restaurant, als ich kurz nach Mittag dort ankam. Direkt davor fiel der Hang steil nach Westen ab; durch eine Waldschneise hätte man wohl weit über die Rheinebene hinausblicken können, hätte diese sich nicht – genau wie damals im Juni – in Dunst gehüllt. Auf eine Besteigung des – ohnehin geschlossenen – Brendturms konnte man da getrost verzichten.
Ruhiger war der Weg bis zur zweiten Pointe: Denn hinter dem (ausgebuchten) Naturfreundehaus, an dem ich wenig später vorbeikam, endete der Asphalt und wich einem motorenlärmfreien, wenn auch durchaus nicht unbelebten Waldweg. Ein von diesem abzweigender Fusspfad führte mich zu den «Günterfelsen»: eine Gruppe mächtiger, rundkantiger und bemooster Felsblöcke, die wie ein von Titanenhand dahingeworfener Haufen in einem märchenhaften Wald liegen. Es ist die nahezu westlichste Stelle der Schwarzwald-Wasserscheide – näher kommt sie dem Oberrhein nirgends, und sogleich beginnt sie auch, sich von diesem nach Osten zurückzuziehen. Auf einer Waldlichtung in einer Biegung des Kamms weist ein Stein auf sie hin.
Jedem seine Donauquelle
Dieser steht direkt neben der auf mittelalterliche oder sogar keltische Ursprünge zurückgehenden Martinskapelle und dem – richtig: ausgebuchten – Hotel Kolmenhof. Mit einem kurzen Abstecher an diesem vorbei hangabwärts gelangt man zur Pointe Nummer drei: nämlich zur Quelle der Breg, des längsten Quellflusses der Donau. Ein steinerner, bärtig-struppiger Kerl liegt dahingefläzt neben ihr und schaut dem gemächlich talwärts plätschernden Wässerchen hinterher, als würde er über die ganzen 2888 Kilometer sinnieren, die bis zum Schwarzen Meer vor ihm liegen. Die Skulptur, die den Flussgott Danuvius darstellen soll, drückt den Anspruch der Standortgemeinde Furtwangen aus, als die echte und wahre Donauquellstadt zu gelten – und nicht etwa das 46 Kilometer entfernt am Zusammenfluss der Breg mit der Brigach gelegene Donaueschingen, wo man darauf pocht, dass erst mit deren Vereinigung die Donau beginne (oder wie man dort zu sagen pflegt: «Brigach und Breg bringen die Donau zuweg»). – Übrigens: Wie ich auf Wikipedia erfahre, hat das baden-württembergische Innenministerium beschlossen, dass sich ab dem 1. Januar 2022 beide Städte «Donauquellstadt» nennen dürfen. Nichts sagt Wikipedia freilich darüber, ob sich Danuvius um dieses salomonisch-weise, jedoch bloss irdische Urteil schert…
Den Flussgott sich selbst überlassend, stieg ich zum Westweg zurück, der sich hinter der Martinskapelle im Wald leicht abwärts senkend fortsetzt. Nach einer scharfen Rechtskurve Richtung Osten streifte ich ein anderes Wässerchen, das ich für die rheinwärts fliessende Elz hielt (was ich jedoch nicht verifizieren konnte – seine Quelle musste meiner Aufmerksamkeit entgangen sein). Während Westweg und E1 wenig weiter unten scharf nach links abzweigten, verabschiedete ich mich von diesen und behielt meine Richtung bei, indem ich nahezu exakt der Wasserscheide folgte. Diese schwingt sich über einen unbewaldeten Sattel zu der gegenüberliegenden Höhe hinüber, um dort, jetzt gar nach Südost drehend, erneut in den Wald einzutreten. Auf einem leicht ansteigenden Forstweg gelangte ich so zur Reha-Klinik Katharinenhöhe. Auf dem letzten Kilometer befand ich mich in Gesellschaft von Spaziergängern mit und ohne Gehhilfen und konnte dann und wann Panoramablicke auf den in eine flache Mulde nördlich des Kamms gebetteten Ort Schönwald werfen. Kurz nach halb Fünf erreichte ich den Passübergang Escheck. Gleich zwei Gasthöfe stehen hier – aber ich hatte Fahrplanglück und konnte schon wenige Minuten später einen Bus besteigen, der mich nach Triberg hinunterführte (wo ich dann freilich eine gute halbe Stunde auf den Anschluss nach Sankt Georgen warten musste – der einzige einigermassen günstig gelegene Ort, der noch ein Bett für mich bereithielt).
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