Artikel mit dem Tag "albacete"
Spanien · 29. Oktober 2023
Ganz falsch sei ich hier, sprach mich ein Bauer aufgeregt an, ich sei ja gar nicht auf dem Jakobsweg! Auf dem wolle ich auch gar nicht gehen, antwortete ich, und nannte ihm mein Tagesziel. Aber das sei doch ganz nah, dahin gebe es einen direkteren Weg! Die Wasserscheide zu erklären, schien mir zu schwierig. Also nannte ich eine auf dieser stehende Klause als Grund für meinen Umweg. Sofort hellte sich die Miene des Bauern auf: Alles klar, das schien mein Vorhaben für ihn zu legitimieren.
Spanien · 28. Oktober 2023
Auf dem langen flachen Weg nach Minaya gab es nur Land und Himmel. Immer mal wieder Windturbinen, aber keine belebten Dörfer oder Höfe, keine Gaststätten, kaum einmal Tiere. Bauten standen leer, waren verlassen oder nur zeitweise bewohnt. Manche waren verfallen, einmal passierte ich ein ganzes Ruinendorf. Die Äcker wurden bewirtschaftet, aber wohl von Leuten, die anderswo lebten. Ich war weitgehend mit mir allein. Sogar die Autos auf der Landstrasse waren an einer Hand abzuzählen.
Spanien · 27. Oktober 2023
Die Wasserscheide war immer nah oder sogar unter meinen Füssen – aber weder war von ihr etwas zu sehen noch gab es etwas zu scheiden. Wasser blieb, sofern es welches gab, in ein paar Pfützen liegen, oder es verlor sich in den weiten Ebenen wie der Blick über die kargen, von Steinen übersäten Äcker. Über diesen verharrte das Wetter in windiger Schwebe; durch eine kompakte Wolkendecke brach sich dann und wann ein Sonnenstrahl Bahn und liess für einen kurzen Moment ein Stück Brachland aufleuchten.
Spanien · 26. Oktober 2023
Mein erster Tag in der Heimat des Don Quijote begann in der Dämmerung bei Nebel und Sprühregen und endete ebenso. Hauptereignis war aber ein ungeplanter vierstündiger Strassenmarsch, der nötig wurde, weil ich kein Transportmittel vom Wanderziel zu meiner Unterkunft auftreiben konnte. Vor Erschöpfung konnte ich nicht einmal mehr essen. Dabei hätte ich gewarnt sein müssen, preist sich doch die Region – in Anspielung auf ihren berühmtesten Ritter – auch schon mal als «Ort für Abenteuer» an.
Spanien · 27. Oktober 2022
Am klarsten und wärmsten Tag meiner diesjährigen Spanienwanderung ging es durch üppigen Mischwald voller duftenden Rosmarins und anderer Kräuter mässig, aber stetig auf den letzten Bergrücken hinauf. Oben überquerte ich ein letztes Mal die Wasserscheide. Dann schritt ich durch lange, sich nur sehr allmählich absenkende Täler nach und nach aus dem Gebirge hinaus. Erst am Schluss machte sich dieses nochmals durch eine kurze Steilstufe bemerkbar. Dahinter sonnte sich Alcaraz auf einem Hügel.
Spanien · 26. Oktober 2022
Die Sierra de Segura lag hinter mir, nur die Sierra de Alcaraz trennte mich noch von der Meseta. In nahezu gerader Linie stieg ich zum Almenara und damit zur Wasserscheide hinauf. Von dessen Grat stürzt das Gebirge über schroffe Felswände nach Norden ab – als wollte es sich ein letztes Mal vor der unendlichen Weite der Ebene aufbäumen. Und da meine Unterkunft diesseits der Wasserscheide lag, stieg ich nochmals auf derselben Seite hinunter, wenn auch durch ein langgezogenes, flaches Tal.
Spanien · 25. Oktober 2022
Nachdem ich am Vortag von meiner Route abgekommen war, ging ich nun ein Stück auf ihr zurück und machte einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt, von dem aus ich das Tal von Riópar überblicken konnte. Tief unter mir wusste ich da den «Nacimiento del Mundo» – den Ursprung der Welt. In weniger trockenen Zeiten soll der Fluss dieses Namens als Wasserfall ins Leben stürzen, jetzt schien er es still und unspektakulär zu tun. So wie der Rest meiner Wanderung einem Spaziergang glich.
Spanien · 24. Oktober 2022
Dass diese Etappe länger würde als erwünscht, stand zum Vornhinein fest. Eine überwucherte Partie, bei der der Weg mühsam durch Dornengestrüpp gesucht und erkämpft werden musste, sowie zahlreiche Auf- und Abstiege in karstigem Gelände kosteten zusätzlich Zeit. Als dann auch noch ein Gehege mit mutmasslichen Kampfstieren den Weg versperrte, sah ich als einzige Option die Umkehr und den Versuch, auf einem Umweg vor dem Eindunkeln ans Ziel zu gelangen. Ganz schaffte ich es nicht aus eigener Kraft.