Freiburger und Waadtländer Voralpen

EHWS Alpin, Teil I: Châtel St-Denis - Berneuse (2016)

Zwischen Hochsommer und Frühherbst des Jahres 2016 zog ich von Châtel St. Denis durch die Freiburger und Waadtländer Voralpen bis auf den Gipfel der Berneuse oberhalb von Leysin. Ich legte dabei in sieben Tagen ungefähr 113 Kilometer zurück und erklomm mehrere Gipfel. Der tiefste Punkt lag auf 379 m in Roche VD in der Rhone-Ebene, der höchste auf 2205 m auf dem Chaux de Mont im Raum Leysin.

Praktisch auf der ganzen Strecke sind die Wege bestens entweder gelb als Wanderweg oder weiss-rot-weiss als Bergwanderweg markiert und gut begehbar, stellen teilweise aber erhöhte sportliche und technische Anforderungen. Die Gegend ist touristisch und verkehrstechnisch gut, teilweise sogar hervorragend erschlossen; für Übernachtungen sind aber meistens Talabstiege und manchmal anschliessende Weiterreisen nötig.

Die landschaftlichen Höhepunkte entlang dieser Route, vor allem Fernsichten in alle Richtungen, sind bei gutem Wetter fast nicht zu zählen! Der herausragende «Star» dabei ist für mich der Genfersee, der von der ersten Anhöhe ob Châtel St. Denis bis zur Berneuse immer wieder, aber jedes Mal aus einer andern Perspektive, zu sehen ist.

 

Nach einer längeren Schlechtwetterperiode kündigten sich in der Schweiz Mitte Juli 2016 erste Sommertage an.


Freiburger-Waadtländer Voralpen
Abschnitt EHWS Alpin, Teil I
  (Fernwanderprojekt EHWS)
Länge / Dauer 113,2 km / 7 Tage
Durchgeführt 15. Juli - 22. Sept. 2016
Höchster Punkt 2'205 m: Chaux de Mont
Tiefster Punkt 379 m: Roche VD
Start Châtel St-Denis, Bahnhof
Ende Berneuse, Télécabine
Weitere Facts & Figures
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Am Morgen des Freitag 15. Juli reiste ich erstmals für mein Vorhaben per Bahn Richtung Westschweiz. Am Bahnhof von Châtel St. Denis auf 807 m Höhe – er liegt nahezu exakt auf der Wasserscheide – startete ich meine Wanderung bei Sonnenschein, jedoch noch kühlen Temperaturen und wolkenverhangenen Bergen. Am Moléson, meinem ersten Tagesziel, lichteten sich die Wolken erst kurz bevor ich mit dem Schlussaufstieg zum Grat begann. Bereits am nächsten Morgen war der Himmel aber absolut klar und wolkenlos, und die Sonne begann schon bald zu wärmen. Von da bis zum 22. September erlebte ich – verstreut über rund zwei Monate – insgesamt sechs Wandertage bei mehrheitlich sonnigem, meistens warmem, aber in der Höhe nicht zu heissem Wetter ohne einen Tropfen Regen und ohne Gewittergefahr.

Grossartige Alpenpanoramen und Mittellandsichten

Richtung Col de Soladier, Vanil des Artses (links).
Richtung Col de Soladier, Vanil des Artses (links).

Mit Ausnahme einer Zweitagewanderung zum Auftakt unternahm ich die Etappen jeweils auf einzelnen Tagesreisen, das heisst ich reiste jeweils am Morgen von Bern aus an- und abends wieder dorthin zurück. Ich machte mir dabei die geringe Entfernung von meinem Wohnort zu Nutze.

 

Die Wanderroute verläuft im französischsprachigen Teil der Schweiz; sie führt durch Gebiete im Süden des Kantons Freiburg und im Südosten des Kantons Waadt. Hügel- und Gebirgszüge mit Höhen bis zu etwa 2500 Meter dominieren die Szenerie; Wald, Grasland und Felsen prägen die Oberfläche und begünstigen Tourismus sowie Forst- und Milchwirtschaft. Nicht zufällig verleiht die Gegend einer der weltbekanntesten Hartkäsesorten ihren Namen («Gruyère» oder «Greyerzer»). Auf den Alpweiden in den höheren Regionen ist während der Sommermonate viel Vieh anzutreffen, ab September werden die Kühe manchenorts durch Schafe abgelöst.

Lange Höhenwanderung mit etlichen Zweitausendern

Angesichts fehlender Fernwanderwege musste ich mir die Route aus vielen Kurzstrecken selbst zusammensetzen. Der Wanderplaner der «Berner Wanderwege» und die Outdoor maps von Hallwag (1:50‘000, Nr. 36 «Gruyère» und Nr. 6 «Alpes vaudoises») halfen mir dabei. Trotz dieses Puzzles und der zeitlichen Streuung der Etappen lässt sich die Route aber als zusammenhängende, lückenlose Linie mit Zu- und Abgängen beschreiben. Jede Tagesetappe berührte mindestens einen Punkt der Vortages-Etappe. Meistens war dies am Start der Fall, manchmal bin ich aber auch ein Wegstück zweimal gegangen (hin und zurück), einmal legte ich eine Tagesetappe als Rundwanderung aus, um eine Lücke zu schliessen.

Die gewählte Route beginnt direkt hinter dem Dorf Châtel St. Denis in östlicher Richtung anzusteigen und gelangt über den Niremont auf den Grat des Moléson. Von da an bleibt sie mit wenigen Ausnahmen bis zuletzt an den Flanken oder auf den Kreten von Voralpen-Ketten. Flachere Partien wechseln sich mit Auf- und Abstiegen ab, die manchmal sehr steil und schwierig zu begehen sind. Nicht weniger als sieben der bestiegenen Gipfel erreichen Höhen von über 2000 Meter.

Zahlreiche Berührungen mit der EHWS

Die Europäische Hauptwasserscheide trennt in diesem Abschnitt das Einzugsgebiet des Rheins und damit der Nordsee von jenem der Rhone - sprich: des Westlichen Mittelmeers. Dabei wird auf der Rhein-Seite zunächst das Teilsystem der Broye berührt, ab dem Niremont-Gipfel ist es das System der Sarine (deutsch: Saane). Auf der Mittelmeerseite fliesst alles Wasser ohne Umweg über die Rhone direkt in den Genfersee, erst der Raum Aigle-Leysin am Schluss der Wanderung entwässert in die Rhone selbst.

Schon beim Start hatte die Wanderung erstmals Kontakt mit der EHWS: nämlich im Dorf Châtel St. Denis. Danach verlief sie über weite Strecken nahe an der EHWS und manchmal kurze Stücke auf ihr. Vor allem am ersten Tag habe ich sie mehrfach überquert; der Aufstieg zum Moléson erfolgte mal auf der Mittelmeerseite mit Genfersee-Blick, mal auf der Atlantikseite mit Blick über das Mittelland. In der Folge verlief sie fast immer auf der Mittelmeerseite. Beim Jaman in rund 1700 Meter Höhe verläuft die Linie der Bahn zum Rochers de Naye ein Stück weit exakt auf der EHWS.

Waffenplatz Hongrin, von der Pointe d'Aveneyre aus gesehen.
Waffenplatz Hongrin, von der Pointe d'Aveneyre aus gesehen.

Als grösstes Hindernis zum Verfolgen der EHWS erwies sich nebst unwegsamen Kreten und Felswänden das militärische Sperrgebiet rundum den Hongrin-Stausee, das nur in der Hauptferienzeit oder an Wochenenden zugänglich ist und sonst in einem weiten Bogen umgangen werden muss. Da die EHWS mitten durch dieses Terrain hindurch verläuft, musste ich sie auf der Krete zwischen Aveneyre und Malatraix verlassen; die letzten zweieinhalb Tagesetappen hatten denn auch keine Berührungspunkte mehr mit ihr. Allerdings kam ich ihr am Schluss wieder so nahe, dass ich auf der nächsten Tagesetappe (hoffentlich im Jahr 2017) wieder zu ihr werde stossen können.

Anspruchsvoll mit schwierigen Steilstücken

Die Route weist einige leichtere Teilstrecken auf, ist als Ganzes aber als anspruchsvolle Wanderung oder Bergwanderung zu bezeichnen. Anspruchsvoll zum einen wegen einzelner nur schwer zu verkürzender Langstrecken ohne Einkehrmöglichkeiten, und zum andern wegen schwieriger und manchmal nicht ungefährlicher Steilstücke, die teils dem Schwierigkeitsgrad T3 («anspruchsvolles Bergwandern») und einmal T4 («Alpinwandern») zuzuordnen sind. Vereinzelt braucht man die Hände, ein Stück am Dent de Lys ist mit Seilen und Ketten gesichert. Zudem bringen die zum Übernachten erforderlichen Talab- und –wiederaufstiege grössere Höhenunterschiede mit sich; an nicht wenigen Tagen waren jeweils mehr als 1000 Höhenmeter berg- oder talwärts zu überwinden.

Cape au Moine, von Pierra Perchia aus gesehen.
Cape au Moine, von Pierra Perchia aus gesehen.

Freilich sind die Schwierigkeiten je nach Wetter und persönlichen Voraussetzungen unterschiedlich gross. Ich habe exzellente äussere Bedingungen angetroffen, bin aber in einzelnen Momenten dennoch an meine persönlichen Grenzen gestossen. Auf Besteigungen wie jene des Teysachaux, des Dent de Lys und des Dent de Jaman würde ich bei schlechterer Witterung oder Fitness nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen lieber verzichten. Jedenfalls war ich froh über die Möglichkeit, mir jeweils vorgängig ein Bild über die Anforderungen zu machen. Die Berichte von oft routinierten Bergwanderern auf der Plattform hikr.org erwiesen sich als sehr hilfreich. Sich vorgängig zu erkundigen empfiehlt sich auch deshalb, weil so unliebsame Überraschungen wie Klettersteige («Via Ferrata») oder Passagen durch Höhlen – die, wenn man sie sich nicht zumuten kann oder will, zur Umkehr zwingen würden – vermieden werden können.

Etappierung

Unten siehst du, wie ich die Strecke in Etappen unterteilt habe.

Etappe 1 (15. Juli 2016) Châtel St-Denis - Moléson
19 km / 6h50'
Etappe 2 (16. Juli 2016) Moléson - Les Paccots
12,5 km / 4h20'
Etappe 3 (22. August 2016) La Borbuintze - Sonloup
17,9 km / 6h40'
Etappe 4 (25. August 2016) Sonloup - Rochers de Naye
17,1 km / 6h30'
Etappe 5 (8. September 2016) Rochers de Naye - Roche 21,5 km / 7h55
Etappe 6 (12. September 2016) Luan - Joux Verte - Corbeyrier 18,1 km / 6h15'
Etappe 7 (22. September 2016) Luan - Berneuse 7,1 km / 4h

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Projektabschnitt:

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Tagesberichte

Wie es mir beim Wandern ergangen ist, kannst du in meinem Blog nachlesen. Unten gehts direkt zu den entsprechenden Tagesberichten.


Wolkige Alpen-Ouvertüre

EHWS Alpin, Etappe 1: Châtel St-Denis - Moléson

Niremont. Blick zu Moléson (in Wolken) und Teysachaux.
Niremont. Blick zu Moléson (in Wolken) und Teysachaux.

Tagelang hatte es geregnet, aber nun kündigte sich endlich der Sommer an. Heute sollte es erstmals trocken bleiben, jedenfalls in der westlichen Hälfte der Schweiz: Ein guter Tag, um das Wandervorhaben entlang des alpinen Teils der Hauptwasserscheide von Westen her in Angriff zu nehmen! Ich reiste also am frühen Morgen per Bahn nach Châtel St. Denis im Süden des Kantons Freiburg, das ich als Startort auserkoren hatte. Denn die EHWS verläuft, vom Mittelland her kommend, exakt durch dieses Dorf und zieht sich von da zu den ersten Voralpengipfeln hinauf.

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Feldherrenhügel für Wasserscheidenforscher

EHWS Alpin, Etappe 2: Moléson - Les Paccots

Teysachaux.
Teysachaux.

Der Zweitagewanderung zweiter Teil begann bei blauem Himmel, die Restwolken vom Vortag hatten sich nahezu vollständig aufgelöst. Mit einem Gemisch aus freudigem Tatendrang und Respekt vor dem Bevorstehenden verliess ich das Hotel Plan-Francey. Auf dem Programm stand eine Bergwanderung zum Gipfel des Teysachaux, auf der anderen Seite hinunter und, falls die Zeit reichte, ein Abstecher zum Col de Lys hinauf und anschliessend ein Talabstieg zur Alp Les Borbuintze oberhalb von Les Paccots. Die verfügbare Zeit war beschränkt, weil ich wegen eines runden Geburtstagsfestes am frühen Abend in Bern zurück sein wollte. Der Respekt galt hauptsächlich dem mit Schwierigkeitsgrad T3 klassifizierten Teysachaux. Als Fernwanderer mochte ich erfahren sein, als Bergwanderer war ich es nicht (oder nicht mehr), und wusste nicht gut, was ich mir zumuten konnte.

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Ein guter Tag um Grenzen zu ertasten

EHWS Alpin, Etappe 3: Les Paccots (La Borbuintze) - Sonloup

Dent de Lys, Südgrat.
Dent de Lys, Südgrat.

Erst gut fünf Wochen nach dem Abstieg nach Les Paccots bot sich mir wieder eine Gelegenheit zur Fortsetzung meiner alpinen Wasserscheiden-Wanderung. Zwei Pässe wollte ich mir heute vorknöpfen: den Col de Lys und den Col de Soladier – den ersten lediglich als Abstecher zur Hauptwasserscheide. Vielleicht würde ich zudem von diesem aus ein paar Schritte Richtung Dent de Lys hinauf gehen; den als T4 klassifizierten Gipfel erachtete ich jedoch als jenseits meiner Möglichkeiten.

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Dem Léman-Panorama auf den Zahn gefühlt

EHWS Alpin, Etappe 4: Sonloup - Rochers de Naye

Auf dem Dent de Jaman über dem Genfersee.
Auf dem Dent de Jaman über dem Genfersee.

Diese ganze Woche hindurch war das Wetter wunderbar spätsommerlich und sehr stabil: Es gab kaum Wolken und offenbar nicht einmal Wärmegewitter in den Bergen. Ich ergriff deshalb die nächstbeste Gelegenheit zur Fortsetzung meines Projektes; leider reichte meine Zeit auch dieses Mal nur für eine Tageswanderung. Über Lausanne und Montreux reiste ich frühmorgens wieder nach Les Avants und mit der Standseilbahn nach Sonloup hinauf, wo meine letzte Wanderung vor drei Tagen geendet hatte. Tal und Bahn lagen noch im Schatten; die Sonne schickte sich eben an, erste Strahlen über die Berge im Osten herüberzuschicken.

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Irgenwann reichts! Aber wann genau?

EHWS Alpin, Etappe 5: Rochers de Naye - Roche VD

Die Türme von Leysin über dem Hongrin-Tal.
Die Türme von Leysin über dem Hongrin-Tal.

Das klare Spätsommerwetter hielt an, und ich hatte wieder zwei Tage Zeit zum Wandern. Also reiste ich erneut frühmorgens an den Genfersee und fuhr mit der Zahnradbahn zum Rochers de Naye hinauf – zwei Wochen, nachdem ich dort oben meine letzte Etappe beendet hatte.

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Nichts zu trinken und viel Sex

EHWS Alpin, Etappe 6: Luan - Joux Verte - Corbeyrier

Sex des Paccots vor Savoyer Alpen und Genfersee.
Sex des Paccots vor Savoyer Alpen und Genfersee.

Erneut war ein warmer und trockener Tag angesagt, wenn auch mit mehr Wolken als zuletzt. So reiste ich nur drei Tage nach der Schifffahrt auf dem Genfersee wieder in Richtung Westschweiz, diesmal ins Chablais, wie die Gegend oberhalb und südlich des Léman heisst, in die ich auf meiner letzten Etappe vorgestossen war. Erstes Reiseziel war Aigle, dort nahm ich den Bus nach Corbeyrier, einem Dorf hoch über der Rhone-Ebene, und fuhr mit diesem wieder einmal als einziger Fahrgast bis zur Endstation, dem Café de Luan, nochmals einige Kilometer oberhalb des Dorfes.

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Tanzende Wolken und Nebelschwaden

EHWS Alpin, Etappe 7: Luan - Berneuse

Grat zur Chaux de Tompey. Hinten die Westwand der Tour d'Aï.
Grat zur Chaux de Tompey. Hinten die Westwand der Tour d'Aï.

Der Sommer hat bis vor etwa einer Woche mit bestem Wetter und hohen Temperaturen standgehalten – dann hat das Wetter gedreht: Es gab zum Teil viel Regen und kühle Tage. Jetzt brachte der Frühherbst aber noch ein paar schöne Tage, und ich hatte gerade noch eine Lücke in meinem Terminkalender gefunden. Also reiste ich noch einmal ins Chablais. Über den Grat des Chaux de Tompey wollte ich an den Fuss der Tour d’Aï gelangen und von dort zur Berneuse oberhalb von Leysin hinunter. Eine kurze, aber mit einer T3-Passage über den Grat durchaus anspruchsvolle Etappe.

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