Berner Hochalpen

EHWS Alpin IV: Leukerbad  - Gletsch (2022 und 2023)

Rot: gewanderte Route; gelb: Europäische Hauptwasserscheide (EHWS)

Vom Gemmi-Gebiet bis zum Grimselpass erstreckt sich der Hauptkamm der Berner Alpen, der mit mehreren Viertausendern das Berner Oberland im Norden gegen das Rhonetal im Süden abriegelt. Die Europäische Hauptwasserscheide (EHWS) steigt vom Gemmi-Einschnitt zunächst in südöstlicher Richtung über das Rinderhorn zum Balmhorn hinauf und senkt sich dann leicht zur Gitzifurgge hinab; dort winkelt sie nach Ostnordost ab und folgt über Lötschenpass und Hockenhorn dem ab dem Petersgrat weitgehend vergletscherten Kamm  zum Jungfrau-Massiv. In einem nach Norden ausbuchtenden Bogen streicht sie über die Gipfel von Jungfrau und Mönch, um dann nach Ostsüdost drehend auf dem Finsteraarhorn mit 4274 Metern  ihre höchste Erhebung überhaupt zu erreichen. Mit einer nach Ostnordost zurückschwingenden Biegung zieht sie sich zum Grimselpass, von wo sie in einer weit nach Norden reichenden, daumenförmigen Ausstülpung den Rhonegletscher umkränzt und über den Furkapass in die Lepontinischen Alpen eintritt.

 

Erwandern lässt sich die EHWS in diesem Teil der Alpen meist nur in einem gewissen Abstand und auf deutlich tiefer gelegenen Wegen. Ich habe dies in den Sommermonaten 2022 und 2023 getan und dabei in 20 Tagesetappen rund 238 km zurückgelegt und Tausende von Höhenmetern auf- und abwärts überwunden. Eine Fünf-, eine Vier-, je zwei Drei- und Zweitagetouren und eine Eintageswanderung führten mich vom Walliser Kurort Leukerbad über die Passübergänge Gitzifurka, Lötschenpass, Hohtürli, Sefinenfurgge, die Station Eigergletscher der Jungbraubahn, die Grosse Scheidegg und den Dossengrat ins Haslital und mit Abstechern zu den Ursprüngen von Aare und Rhone über die Grimsel nach Gletsch im Walliser Obergoms.

Etappierung

Unten siehst du, wie ich die Strecke in Etappen unterteilt habe.

Etappe 21 (9. August 2022) Leukerbad Pfeiru - Flühalp - Leukerbad Dorf
15,9 km / 5h40'
Etappe 22 (10. August 2022) Flühalp - Lötschenpass
4,9 km / 4h
Etappe 23 (11. August 2022) Lötschenpass - Kleinhockenhorn - Selden 11,2 km / 5h
Etappe 24 (12. August 2022) Selden - Oeschinen Bergstation 16,5 km / 5h30'
Etappe 25 (13. August 2022) Oeschinen Bergstation - Griesalp 14 km / 6h30'
Etappe 26 (28. August 2022) Griesalp - Gspaltenhornhütte 8,8 km / 4h
Etappe 27 (29. August 2022) Gspaltenhornhütte - Gimmelwald 13 km / 4h45'
Etappe 28 (30. August 2022) Gimmelwald - Oberhornsee - Stechelberg 16,9 km / 6h30'
Etappe 29 (4. September 2022) Stechelberg - Eigergletscher 15,7 km / 6h05'
Etappe 30 (5. September 2022) Eigergletscher - Pfingstegg (Grindelwald) 12,6 km / 4h45'
Etappe 31 (10. Juli 2023) Pfingstegg - Bäregg - Oberer Grindelwaldgletscher 9 km / 4h
Etappe 32 (11. Juli 2023) Beim Obereren Grindelwaldgletscher - Rosenlaui 11,3 km / 4h30'
Etappe 33 (11. August 2023) Rosenlaui - Dossenhütte 4,8 km / 3h35'
Etappe 34 (12. August 2023) Dossenhütte - Urbachtal (Mürvorsess) 8,9 km / 3h25'
Etappe 35 (13. August 2023) Urbachtal (Mürvorsess) - Guttannen-Boden 8,2 km / 2h15'
Etappe 36 (17. August 2023) Guttannen-Boden - Hospizbahn (Talstation) 15,7 km / 5h30'
Etappe 37 (18. August 2023) Hospizbahn (Talstation) - Lauteraarhütte 10,3 km / 4h25'
Etappe 38 (19. August 2023) Lauteraarhütte - Oberaar 18,1 km / 6h40'
Etappe 39 (20. August 2023) Oberaar - Grimsel 8,8 km / 3h30'
Etappe 40 (22. August 2023) Grimsel - Näglisgrätli - Gletsch 13,4 km / 5h10'

Vorige Teilstrecke:

Projektabschnitt:

nächste Teilstrecke:


Tagesberichte

Wie es mir beim Wandern ergangen ist, kannst du in meinem Blog nachlesen. Unten gehts direkt zu den entsprechenden Tagesberichten.


Ein Graben durch die Routenrechnung

EHWS  Alpin, Etappe  21: Leukerbad Pfeiru - Flühalp - Leukerbad Dorf

Clabinualp, Blick zur Gitzifuka.
Clabinualp, Blick zur Gitzifuka.

Nach zwei Jahren Pause brannte ich darauf, die nächste alpine Hürde zu überwinden. Dem Nordhang des Dala-Tals entlang zur Flühalp und dann über die Gitzifurka zum Lötschenpass hinüber: Das war mein Plan. Doch schon nach zwei Stunden stand ich wie der sprichwörtliche Esel am Berg: Ein mir unpassierbar scheinender Graben liess mich umkehren und es am andern Talhang versuchen. Nach steilem Talab- und ebensolchem Wiederaufstieg erreichte ich zwar doch noch die Flühalp, meine Kräfte waren freilich aufgebraucht. Da gab es nur noch eins: zurück nach Leukerbad und zu dessen heilsamen Thermen.

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Schrei vor (Bergwander-)Glück!

EHWS  Alpin, Etappe  22: Flühalp - Lötschenpass

Gitzifurka. Blick über Lötschenpass zum Hockenhorn.
Gitzifurka. Blick über Lötschenpass zum Hockenhorn.

Die Anfahrt per Alpentaxi erlaubte es mir, mich sogleich auf das Wesentliche zu konzentrieren: nämlich die mit rund drei Stunden veranschlagte Steigarbeit von der Flühalp zur Gitzifurka hinauf. Im Schatten von Flühen und einigem Gewölk stemmte ich mich Schrittchen für Schrittchen nach oben. So vertieft war ich in diese einsame Arbeit, dass ich ihr Ende nicht kommen sah: Plötzlich wurde es flach unter den Schuhen, und ein riesiges Fenster wurde aufgerissen. Freudenschreie stiessen ungehemmt in die Gletscher- und Gebirgswelt hinaus.

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Runter vom hohen Ross der Wasserscheide

EHWS  Alpin, Etappe  23: Lötschenpass - Kleinhockenhorn - Selden

Blick durchs Lötschental auf Walliser Alpen.
Blick durchs Lötschental auf Walliser Alpen.

Stellt man sich den Lötschenpass entsprechend dem verbreiteten Wortbild als «Sattel» vor, so könnte man in dem gleichmässig zum Hockenhorn ansteigenden Grat einen Pferdenacken sehen. Auf ihm gehend, genoss ich frische Höhenluft, Morgensonne und atemberaubende Aussichten in die beidseits abfallenden Trogtäler und auf vergletscherte Gipfelkränze. Spätestens ab dem Hockenhorn aber wurde der Kamm für Nichtalpinisten wie mich unbegehbar, und es galt von der hohen Wasserscheide in die Tiefe des Gasterntals hinunterzusteigen.

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Bei den Wassersammlern von Kandersteg

EHWS  Alpin, Etappe  24: Selden - Oeschinen

Im Gasterental.
Im Gasterental.

Weil sich nördlich des Gasterntals eine weitere nur schwer begehbare Bergkette anschliesst, werden Wasserscheidenwanderer noch weiter von ihrem Objekt abgedrängt: Man muss westwärts runter nach Kandersteg und dann um die Doldenhorn-Blüemelisalp-Gruppe herum nach Osten zurückdrehen. Also folgte ich der jungen und wilden Kander talabwärts und begegnete dabei zahlreichen anderen Bächen, die ihr von allen Seiten entgegengestürzt oder -gekrochen kamen. Also lauter Wassersammlern – dem puren Gegenteil von Wasserscheiden.

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Über die Himmelspforte in den Keller hinab

EHWS  Alpin, Etappe  25: Oeschinen - Griesalp

Dem Hohtürli und der Blüemlisalphütte entgegen.
Dem Hohtürli und der Blüemlisalphütte entgegen.

Wer im Berner Oberland vom Oeschinensee zur Griesalp im benachbarten Kiental hinüber will, muss zuerst stundenlang steil hinauf, um dann noch steiler und tiefer wieder hinunterzusteigen. Zwar wollte ich eigentlich gar nicht auf die Griesalp, sondern in der luftigen Höhe der Blüemlisalphütte übernachten. Doch weil es dort an diesem sagenhaft sonnigen Samstag keinen Platz mehr gab, blieb mir nichts anderes übrig, als alle die mühsam erkämpften 1200 Höhenmeter sogleich wieder preiszugeben, kaum dass der «Hohtürli» genannte Sattel erklommen war.

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Trog der sterbenden Gletscher

EHWS  Alpin, Etappe  26: Griesalp - Gspaltenhornhütte

Gspaltenhorn und Gamchigletscher.
Gspaltenhorn und Gamchigletscher.

Viel weiter brachte mich diese Etappe nicht: In Luftlinie liegen Gspaltenhorn- und Blüemlisalphütte nur etwa drei Kilometer auseinander. Und doch ist auch das Gamchi-Tal eine eigene Welt: Wie durch eine von mächtigen Felswänden gerahmte Pforte taucht man in einen gewaltigen Trog ein. Von den Gletschern, die ihn einst ausgeschliffen hatten, war unten zwar nicht mehr viel übrig. Aber von oben, wohin sie sich zurückgezogen hatten, grüssten sie in immer noch eindrücklicher Dominanz herab.

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Und dann plötzlich strahlende Sonne und liebliches Grün

EHWS  Alpin, Etappe  27: Gspaltenhornhütte - Gimmelwald

Sefinenfurgge. Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau.
Sefinenfurgge. Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau.

Die beiden Seiten der Sefinenfurgge sind wie Tag und Nacht – oder umgekehrt, wenn man von West nach Ost geht. Vor allem, wenn man einen derart klaren Sommertag erwischt wie ich. In den ersten Stunden glitzerten nur Gipfel und hochgelegene Gletscher, alles andere lag in tiefem Schatten und war grauer Stein und Fels. Dann plötzlich stehe ich auf der Passhöhe und werde von der Sonne geblendet, die direkt über dem aufragenden Eiger steht. Und die ganze Welt ist in strahlendes Licht getaucht, ist grün und wird von bimmelnden Kuhglocken beschallt.

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Schlaufe durch die hinterletzte (Sack-)Gasse

EHWS  Alpin, Etappe  28: Gimmelwald - Oberhornsee - Stechelberg

Grosshorn, Breithorn, Tschingelhorn: Hauptwasserscheide.
Grosshorn, Breithorn, Tschingelhorn: Hauptwasserscheide.

Die Route, auf der ich dieser Tage unterwegs war, wird auch «Hintere Gasse» genannt, weil sie die – aus Sicht des Unterlandes – «hinteren» Bereiche der Berner Oberländer Täler miteinander verbindet. Aber man kann noch hinter die Hintere Gasse gelangen: Zum Beispiel im Hinteren Lauterbrunnental, wo man zu den hintersten Wasserfällen, dem hintersten Berghotel und dem hintersten Bergsee wandern kann. Dann allerdings heisst es Umkehren: Denn weiter ginge es über die Wasserscheide hinüber - und das schafft man nur mit Spezialausrüstung.

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Nackenstarre wahrscheinlich

EHWS  Alpin, Etappe  29: Stechelberg - Eigergletscher

Mettlenalp vor Mönch und Eigergletscher. (Eiger verdeckt.)
Mettlenalp vor Mönch und Eigergletscher. (Eiger verdeckt.)

Wer die rund 1600 Höhenmeter vom Lauterbrunnental zum Eigergletscher hinaufsteigt, sollte auf seine Tritte achten – doch die Augen zieht es unwiderstehlich in die Gegenrichtung: zum Mönch hinauf! zur Jungfrau! zum Eiger! Zum Himmel! – Die Steilheit und Höhe der direkt neben dem Trümmelbach aufragenden Kulisse sind ebenso unfassbar wie deren Schönheit. Und am Abend ist Nackenstarre mindestens so wahrscheinlich wie Muskelkater. Beides nimmt man in Kauf.

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Näher als die Werbung verspricht

EHWS  Alpin, Etappe 30: Eigergletscher - Pfingstegg

Eiger-Trail. Blick auf Grindelwald und Wetterhorn-Nordwand.
Eiger-Trail. Blick auf Grindelwald und Wetterhorn-Nordwand.

«So nah wie Sie kommen ihr nur Wenige!» wirbt die Stimme aus dem Lautsprecher der Gondel, während diese an der Eigernordwand vorbeigleitet. Es sind jedoch mehr, als die Bahnbetreiberin zu ahnen scheint: Ich jedenfalls begegnete auf dem Eiger-Trail – dem Wanderweg, der unmittelbar unter der Wand entlangführt – einem durchaus regen Verkehr. Wobei ich selbst hier nicht die Nähe zum Eiger suchte, sondern zur Wasserscheide. Eben der jedoch war es, was mich von ihr fernhielt.

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Schlupflöcher in der Paradekulisse

EHWS  Alpin, Etappe 31: Pfingstegg - Bäregg - Oberer Grindelwaldgletscher

Aufstieg zur Bäregg. Eismeer unter Fiescherwand.
Aufstieg zur Bäregg. Eismeer unter Fiescherwand.

Nur eine enge Gletscherschlucht unterbricht die himmelhohe Felsenkulisse über Grindelwald. Eine Lücke, durch die man hinter die Nordwände von Eiger und Mättenberg steigen und die Augen zur vereisten Wasserscheide emporheben kann. Es ist die vorerst letzte Gelegenheit dazu: Denn von hier entschwindet sie erneut in Hochgebirgswelten, die sich Wandererblicken entziehen. Es bleibt nur die Umkehr – und als Fortsetzung eine Tunnelwanderung unter Lawinen- und Bergsturzgelände hindurch.

 

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Wo halb Licht, da halb Schatten (und andersrum.)

EHWS  Alpin, Etappe 32: Oberer Grindelwaldgletscher - Rosenlaui

Von der Grossen Scheidegg ins Reichenbachtal hinab.
Von der Grossen Scheidegg ins Reichenbachtal hinab.

Es war eine Wanderung der Kontraste: Diesseits der Grossen Scheidegg dominierten schroffe Felsblöcke und Bergwände die Landschaft, jenseits sprudelnde Bäche, duftendes Gras und bunte Blumen. Morgens stiegen wir im kühlenden Schatten des Wetterhorns aufwärts und schauten auf die besonnten Alphänge der anderen Talseite hinüber; nachmittags gingen wir bei vollem Tageslicht und zunehmender Hitze durch das liebliche Reichenbachtal nach Schattenhalb – so hiess die Gemeinde – hinunter.

 

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Auf der Himmelsleiter gabs keinen Rabatt

EHWS  Alpin, Etappe 33: Rosenlaui - Dossenhütte

Auf dem Dossenweg. Hinten der Rosenlauigletscher.
Auf dem Dossenweg. Hinten der Rosenlauigletscher.

Als Gast der Dossenhütte erhielt ich ermässigten Zutritt zur Passage durch die Rosenlauischlucht. Weitere Rabatte gabs auf dem Aufstieg zu dem gefühlt vertikal über mir thronenden Tagesziel dann aber nicht mehr: Die rund 1300 Höhenmeter auf nicht einmal fünf Kilometer Distanz forderten mir alles ab und ersparten mir nichts. Nur dank häufigen Pausen schaffte ich es. Dass mir das eine oder andere Kompliment entgegenwehte, liess mich erahnen, für wie alt Beobachter mich halten mochten.

 

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Stemmen gegen den Berg

EHWS  Alpin, Etappe 34: Dossenhütte - Urbachtal

Abstieg über Fleschen ins Urbachtal.
Abstieg über Fleschen ins Urbachtal.

War der Aufstieg hart gewesen, so fiel mir nach gewohnt schlafarmer Hüttennacht der Abstieg ins Urbachtal kaum leichter. Statt 1300 Höhenmetern waren abwärts gar deren 1800 zu überwinden, wenn auch auf einer etwas weniger steilen Hangneigung als auf der Rosenlaui-Seite. Die Erinnerung an meinen Sturz vom vergangenen Winter (und das reale Vorhandensein der dadurch verursachten Schulterverletzung) steigerten meine Vorsicht und hemmten mein Tempo. Es schien, als würde der Talboden niemals näherkommen.

 

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Sonntagsspaziergang über dem Motorrad-Paradies

EHWS  Alpin, Etappe 35: Urbachtal - Guttannen-Boden

Höhenweg über dem Haslital.
Höhenweg über dem Haslital.

Dass ich den Abstieg am Vortag nicht vollendet hatte, bescherte mir an diesem Sonntag eine vergleichsweise kurze und gemütliche Wanderung mit wenig Höhenunterschieden – ein krasses Kontrastprogramm also zu den beiden alpinen Vorgänger-Etappen. Während ich auf einem Hangweg vom Urbach- ins Haslital einbog, kam in der Tiefe die Grimselstrasse in Sicht, und alsbald wurde Motorradlärm – der Sonntag liess grüssen – zu meinem zunehmend lauter werdenden Soundtrack.

 

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Allerhand Kräfte am Werk

EHWS  Alpin, Etappe 36: Guttannen-Boden - Hospizbahn (Talstation)

Ob Kunzentennlen, Richtung Räterichsboden.
Ob Kunzentennlen, Richtung Räterichsboden.

Das obere Haslital ist massgeblich durch die junge Aare gestaltet. Längst wird deren Kraft auch zur Energiegewinnung genutzt: Die Einrichtungen der Kraftwerke Oberhasli AG sind allgegenwärtig. Während ich mich mittels Muskelkraft die Talstufen Richtung Grimsel emporarbeitete, hatte ich stets Fluss und Passverkehr neben und Stromleitungen über mir. Noch weiter oben waren elektrische Kräfte anderer Art am Werk. Deren Rumoren vermischte sich zusehends mit dem Lärm einer Staumauerbaustelle, von der ich in Nebel und einsetzendem Regen nicht mehr allzu viel zu sehen bekam.

 

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Zum Andächtigwerden

EHWS  Alpin, Etappe 37: Hospizbahn (Talstation) - Lauteraarhütte

Zusamnmenfluss von Finster- und Lauteraargletscher.
Zusamnmenfluss von Finster- und Lauteraargletscher.

Die Lauteraarhütte lag nicht an meinem Weg. Ihre Lage über Gletschern und unter dem höchsten Punkt der Europa-Wasserscheide verleitete mich zu diesem Abstecher. Er wird einer der unvergesslichsten bleiben. Sei es wegen der wunderschönen Hochmoore und Arven entlang des fjordähnlichen Grimselsees und der andächtig stimmenden Fels- und Eiswelt am Talende. Oder sei es durch die Erinnerung an Grundkonflikte zwischen Natur und Energiehunger, die das «Gletscherweib» – ein mit Gebetsfahnen geschmückter Steinhaufen – wachhält.

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Zurück zu höheren Anfängen

EHWS  Alpin, Etappe 38: Lauteraarhütte - Oberaarsee

Grimselsee. Blick zur Oberaar-Staumauer (Bildmitte, oben).
Grimselsee. Blick zur Oberaar-Staumauer (Bildmitte, oben).

Am Vormittag hiess es wieder zum Unteraargletscher hinabsteigen und den gleichen Weg retour gehen bis unter die Baustelle der Spitallamm-Staumauer, wo ich den Abstecher am Vortag begonnen hatte. Am Nachmittag wandte ich mich aber erneut um und konnte das Tal des Grimselsees ein drittes Mal bestaunen – allerdings tat ich es nun von der andern Seite her und aus immer höher werdender Perspektive. Zuletzt stand ich am Oberaarsee und hatte den Oberaargletscher im Blick, den höchsten der Aare-Ursprünge.

 

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Haufenweise Steine auf dem Wasserscheidenweg

EHWS  Alpin, Etappe 39

Sidelhorn. Blick auf Grimselpass und Furkastrasse.
Sidelhorn. Blick auf Grimselpass und Furkastrasse.

Seit dem Abstieg vom Lötschenpass hatte ich fünfzehn alpine Etappen zurückgelegt. Die sechzehnte führte mich nun erstmals wieder auf die Wasserscheide zurück. Allerdings erst nach einem durch eine steinschlagbedingte Sperrung erzwungenen Umweg. Als ich auf sie stiess, stellte sich nur noch das Sidelhorn zwischen mich und den Grimselpass. Es sah aus wie ein mächtiger Schutthaufen und fühlte sich auch so an: Es wollte mühevoll überkraxelt werden. Dafür bot es eine imposante Rundsicht über das Ursprungsland von Aare und Rhone bis ins Gotthardmassiv hinein.

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Aber bitte mit Sahnehäubchen

EHWS  Alpin, Etappe 40: Grimsel - Nägelisgrätli - Gletsch

Rhonegletscher.
Rhonegletscher.

Von Gedankenspielen, den Rhonegletscher nördlich der Wasserscheide zu umgehen, ihn auf Höhe seiner Zunge zu überqueren oder neben seiner Westflanke durch weglose Steinhalden ins Tal hinabzusteigen, hatte ich mich nach reiflicher Überlegung verabschiedet: viel zu anspruchsvoll und zu riskant für mich! Ihm aber durch einen Abstecher über den Nägelisgrat einen Besuch abstatten: Das wollte ich mir denn doch nicht nehmen lassen. Es erwies sich als das Sahnehäubchen. Auch, weil der Tag mir dazu veritables Kaiserwetter bescherte.

 

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