Ein erstes Teilstück entlang der Jura-Hauptwasserscheide legte ich im Frühling und Sommer 2017 zurück. Es erstreckte sich über rund 73 km und führte vom Südostrand der Burgundischen Pforte auf das Hochplateau der Freiberge und überquerte dieses von Nord nach Süd. Ich legte es in fünf Tagen zurück; diese verteilten sich auf zwei Tagesausflüge und eine Dreitagewanderung. Mit Ausnahme des ersten Tages wurde ich dabei stets von Ruth begleitet.
An den ersten beiden Tagen folgte die Route ungefähr der französisch-schweizerischen Grenze; nach Überquerung des Flüsschens Lucelle verlief sie dann vollständig auf Schweizer Territorium. Ihr Ausgangspunkt lag im Dorf Réchésy im französischen Territoire de Belfort, ihr Endpunkt im Weiler Les Reussilles im schweizerischen Kanton Bern; dazwischen führte sie grösstenteils durch Gebiete des Kantons Jura. In landschaftsräumlicher Hinsicht bildet die Strecke einen Übergang vom Tafel- zum Falten- oder Kettenjura. Ihr tiefster Punkt liegt mit 410 m am Anfang, der höchste auf knapp 1‘100 Meter kurz vor dem Ende. Man könnte die Wanderung auch als Gang über zwei Stockwerke beschreiben: Eine einzige markante Höhenstufe ist zu bewältigen, ansonsten wandert man über ein eher flaches bis moderat gewelltes Profil. Vor der Höhenstufe bewegt man sich gewissermassen im 1. Stock (wenn man sich die vorgelagerte Ebene der Burgundischen Pforte als Erdgeschoss denkt) über Tafeljura-Flächen, danach im 2. Stock über Faltenjura-Kämme und das Plateau der Freiberge.
Jura Nord | |
Abschnitt | EHWS Jura, Teil I |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Dauer | 73,4 km / 5 Tage |
Durchgeführt | 14. Mai - 20. August 2017 |
Höchster Punkt | 1'096 m: Prés de la Montagne |
Tiefster Punkt | 410 m: Réchésy |
Start | Réchésy (F) |
Ende | Les Reussilles (CH) |
Weitere Facts & Figures | |
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Die gesamte Strecke verläuft direkt auf oder unmittelbar neben der Hauptwasserscheide. Zum ersten Mal berührt man diese wenige Minuten nach dem Startpunkt Réchésy beim sogenannten Dreiländerstein („Borne des Trois Puissances“), wo einst die Territorien der Schweiz und Frankreichs mit jenem Deutschlands zusammenstiessen. Ab hier tastet sich die EHWS mehr oder weniger der Landesgrenze entlang zum Fuss des Faltenjuras vor. Dabei trennt sie lauter unscheinbare, weil noch junge, an ebendiesem Jurafuss entsprungene Gewässerchen. Auf der Nordsee-Seite sammeln sich diese in der Largue (dt. Larg) und der Lucelle (dt. Lützel), wobei erstere via Ill erst nördlich von Strassburg den Rhein erreicht, während letztere via Birs bereits im nahen Basel zu ihm findet. Auf der Mittelmeerseite heissen die Sammelbäche Vendeline und Allaine; sie fliessen beide dem Doubs zu, dessen Wasser via Saône bis ins ferne Lyon muss, um zur Rhône zu gelangen.
Vom Jurafuss aus schwingt sich die EHWS auf die erste höhere Krete des Faltenjura empor. Sie erreicht diese auf der durch einen Sendeturm weithin erkennbaren Anhöhe von Les Ordons. Sogleich biegt sie dort scharf nach Südwesten ab, um dann den Juraketten bis in die Freiberge
zu folgen: zuerst der Lomont-Mont-Terri-Kette, ab dem Passübergang von La Caquerelle der Saint-Brais-Mont-Russelin-Kette. Hier oben trennt sie das Einzugsgebiet der Birs-Nebenflüsse Sorne und Tabeillon zunächst von jenem der Allaine, schon bald jedoch – nämlich ab La Caquerelle – vom Doubs selbst, zu dessen tief eingeschnittenem Canyon die Kette steil hinabfällt. Die Fortsetzung wird dann unklar: Denn das gesamte Hochplateau der Freiberge ist gewässerlos und besteht in hydrogeografischer Hinsicht praktisch vollständig aus sogenannten internen Senken. In Letzteren versickert das Wasser, statt
sich in oberirdischen Abflüssen zu sammeln. Die Grenzlinie zwischen den Flussgebieten von Doubs-Rhône und Birs-Rhein wird von Swisstopo, dem Topographie-Institut des schweizerischen Staates, denn auch einfach mit dem Lineal quer über die Freiberge hinweg gezogen. Eindeutig ist die Situation erst wieder bei Les Reussilles am Südrand der Freiberge, wo sich das Plateau zum Tal der Trame absenkt, einem Nebenflüsschen der Birs.
Um der EHWS entlang zu wandern, kann man nahezu immer das dichte Wanderwegnetz nutzen. Im Tafeljura-Teil bietet sich für einige kurze Stücke sogar ein Europäischer Fernwanderweg an, nämlich der E5 (Atlantik – Adria). Vereinzelt bin ich aber auch davon abgewichen und einige Schritte auf Strassen, unmarkierten Feldwegen oder auch mal weglos durchs Gelände gegangen, um der EHWS nahe zu bleiben. Nirgends sind grössere Umwege nötig: auch dank vorhandener Übernachtungsmöglichkeiten und öffentlichen Verkehrsanbindungen lassen sich Talab- und entsprechende Wiederaufstiege vermeiden, sofern man Zeit hat und die benötigten Einrichtungen zur gewünschten Zeit in Betrieb sind. (Selber bin ich einmal zu einem Ort abgestiegen, der nicht auf der Route lag – nämlich nach Charmoille – , weil ich unbedingt einen bestimmten Bus erreichen und am Abend zu Hause sein musste. )
Weite Himmel mit grosszügigen Fernsichten über eher dünn besiedelte, Ruhe verströmende Landschaften charakterisieren das Wandererlebnis. Zu Beginn schaut man vor allem gerne rückwärts über die Burgundische Pforte zu den Vogesen; schon bald aber zieht das Band des Faltenjuras, das am Horizont auftaucht und beim Näherkommen allmählich höher wird, den Blick nach vorn. Steigt man dann zu dessen Krete hinauf, erweitert sich die Aussicht nach Norden und Osten in Richtung Basel, Schwarzwald und die Höhen des Solothurner Juras, und bei Ankunft zudem Richtung Süden über die Rücken der Jurakämme hin. Über den Letzteren erspähten wir sogar die weissen Spitzen einzelner Alpengipfel. Von nun an dominiert ein Wellenmeer aus Jura-Tälern und –Ketten mit ihren je nach Jahreszeit wechselnden Grünschattierungen oder bunten Farben das Bild. Als ständiger Orientierungspunkt steht der Sendeturm des Chasseral am Horizont – zunächst im Süden, im Lauf der Stunden und Tage nach Osten wandernd.
Die Wanderung eignet sich in jeder Jahreszeit ausser im Winter. Wir haben den Hauptteil im Frühling zurückgelegt. Nachdem ich am ersten Tag etwas Regen erlebte, genossen wir am Auffahrtswochenende drei Tage lang prächtiges, schon fast zu heisses Frühsommerwetter. An die letzte Etappe wagten wir uns an einem Augusttag bei leichter Bewölkung und mässigen Temperaturen. Das Wetter hätte eine Fortsetzung auch im Herbst ohne Weiteres zugelassen; sie scheiterte jedoch an Terminzwängen sowie an dem Umstand, dass ich durch einen Verkehrsunfall vorübergehend ausser Gefecht gesetzt wurde.
Unten siehst du, wie ich die Strecke in Etappen unterteilt habe.
Etappe 1 (14. Mai 2017) |
Réchésy (F) - Charmoille (CH) |
20,5 km / 5h30' |
Etappe 2 (25. Mai 2017) |
Charmoille - Lucelle |
11,3 km / 3h40' |
Etappe 3 (26. Mai 2017) |
Lucelle - La Caquerelle |
9 km / 3h08' |
Etappe 4 (27. Mai 2017) |
La Caquerelle - Montfaucon |
21 km / 5h50' |
Etappe 5 (20. August 2017) |
Pré-Petitjean - Les Reussilles |
12,8 km / 3h30 |
Voriger Projektabschnitt:
Projektabschnitt:
Nächste Teilstrecke:
Wie es mir beim Wandern ergangen ist, kannst du in meinem Blog nachlesen. Unten gehts direkt zu den entsprechenden Tagesberichten.
EHWS Jura, Etappe 1: Réchésy (F) - Charmoille (CH)
Zur Eröffnung der Wandersaison 2017 wollte ich erste Schritte auf jenem Abschnitt der Kontinentalwasserscheide setzen, der das Mittelgebirge des Jura durchzieht. Mit einer Tageswanderung näherte ich mich diesem von Nordwesten her. Als Ausgangspunkt habe ich Réchésy im französischen Territoire de Belfort gewählt, hart an der Schweizer Grenze.
EHWS Jura, Etappe 2: Charmoille - Lucelle
Die Prognosen für das Auffahrts-Wochenende versprachen sonniges Frühsommerwetter – beste Voraussetzungen also, um den begonnenen Jura-Abschnitt fortzusetzen. Mit meiner Frau Ruth plante ich eine Dreitagewanderung. Da sie weniger wandergewohnt war als ich, wollten wir es mit einer eher leichten Etappe angehen. Von Charmoille am Rhone-Bächlein Allaine zu dem nur wenige Kilometer entfernten Weiher des aufgestauten Rhein-Gewässers Lucelle, in einem Bogen über den Grat, der die schweizerisch-französische Grenze und zugleich die Wasserscheide bildet – alles in allem rund 2 ½ Stunden mit je 200 Meter Auf- und Abwärtsneigung: Das schien mir zum Einlaufen und Angewöhnen gerade geeignet.
EHWS Jura, Etappe 3: Lucelle - La Caquerelle
Heute ging es ran an den Kettenjura: Von Lucelle wollten wir hinauf auf die erste Kette, die bis zu 1‘000 Meter Höhe erreicht und sich deutlich über das zuletzt durchwanderte Vorland erhebt. Ich kannte die Strecke: Ich bin sie vor fast zehn Jahren auf der Fernwanderung Bern – Amsterdam gegangen – wenn auch in der Gegenrichtung, also abwärts. Nun freute ich mich aufs Wiedersehen. Bei herrlichem Frühsommerwetter und besten Prognosen machten wir uns auf die Socken.
EHWS Jura, Etappe 4: La Caquerelle - Montfaucon
Erneut ein strahlender Sommermorgen, wenn auch etwas dunstiger als am Vortag. Nach einer Aufwärm- und einer Aufstiegsetappe freuten wir uns heute auf eine Höhenwanderung – sozusagen als krönenden Abschluss unserer Dreitagetour. Auf dem Programm stand der mir von früher bekannte Übergang vom Sattel von La Caquerelle in die Freiberge – immer in Höhenlagen zwischen 800 und rund 1‘000 Metern, somit höher oder etwa gleich hoch wie die umliegende Jura-Landschaft, die sich deshalb gut überblicken liess. Ein Spaziergang wars trotzdem nicht: Mit rund 20 Kilometern war es die längste der drei Tagesetappen, und in der Summe waren sogar mehr Höhenmeter zu überwinden als beim Aufstieg des Vortages – allerdings auf mehr und dafür weniger steile Stücke verteilt.
EHWS Jura, Etappe 5: Montfaucon (Pré-Petitjean) - Les Reussilles
Fast drei Monate nach unserer Spontan-Übernachtung in Montfaucon kehrten wir dorthin zurück: nicht in den Ort selbst, aber zu dem Weiler Pré-Petitjean, der etwas unterhalb des Dorfes an einer Linie der Jurabahn liegt und der dortigen Station seinen Namen gibt. Es war mitten im Hochsommer; im Jura ist es dann oft fast zu heiss zum Wandern, aber wir erlebten gerade eine kühlere Periode und hatten einen Sonntag zur Verfügung.